- Croce
- Croce['kroːtʃe],1) Benedetto, italienischer Philosoph, Historiker, Literaturwissenschaftler und Politiker, * Pescasseroli (Provinz L'Aquila) 25. 2. 1866, ✝ Neapel 20. 11. 1952; war 1920/21 Unterrichtsminister. 1925 schrieb er ein viel beachtetes Manifest gegen den Faschismus in Italien; war 1943 Neubegründer und bis 1947 Vorsitzender der Liberalen Partei und 1944 nochmals Minister. Croce gründete 1947 das Istituto Italiano per gli studi storici (Italienisches Institut für historische Studien) in Neapel.Croce gilt, neben G. Gentile, als Überwinder des italienischen Positivismus, der im 19. Jahrhundert bestimmend war. Anfänglich von F. De Sanctis und J. Herbart beeinflusst, kam er über die Auseinandersetzung mit K. Marx zum Hegelianismus und entwickelte im Anschluss an die Geschichtsphilosophie G. W. F. Hegels einen dialektischen Idealismus, durch den er wesentlich zur Verbreitung des deutschen Idealismus in Italien beitrug. Croce stellte seine Philosophie als eine Folge offener »Systemationen« dar, nicht als ein abgeschlossenes System. Er verstand die Wirklichkeit als unendliche, dialektische Entwicklung des objektiven Geistes in der Geschichte. Sie vollziehe sich in den Grundformen schöpferischer theoretischer Tätigkeit (Erkennen; untergliedert in die ästhetische Intuition, die auf das Einzelne und Individuelle gerichtet ist, und das verallgemeinernde begriffliche Denken) und praktische Tätigkeit (Wollen, Handeln; untergliedert in Ethik und in Ökonomik im Sinne von Nützlichkeit); diese seien in einer gestuften Ordnung aufeinander bezogen und setzten einander wechselseitig voraus. Als Vollendung dieser Funktionen sieht Croce die (Geschichts-)Philosophie an. Die Ästhetik verstand er als allgemeine Ausdruckslehre, Schönheit als vollendet geglückte Formung und Ausdruck des poetischen Stoffs, Hässlichkeit dagegen als mangelnden oder verfehlten Ausdruck. Wesentliche Wirkung hatte diese Vorstellung in Croces Literaturauffassung. Croce gab 1903-44 die für das geistig-literarische Leben einflussreiche Zeitschrift »La Critica« heraus.Werke: Filosofia come scienza dello spirito, 4 Bände (1902-17; Band 1: Estetica come scienza dell' espressione e linguistica generale; deutsch u. a. als Ästhetik als Wissenschaft des Ausdrucks und allgemeine Linguistik; Band 2: Logica come scienza del concetto puro; deutsch Logik als Wissenschaft vom reinen Begriff; Band 3: Filosofia della pratica. Economia ed etica; deutsch Philosophie der Praxis. Ökonomik und Ethik; Band 4: Teoria e storia della storiografia; deutsch u. a. als Theorie und Geschichte der Historiographie); Ciò che è vivo e ciò che è morto della filosofia di Hegel (1907; deutsch Lebendiges und Totes in Hegels Philosophie); La filosofia di Giambattista Vico (1911; deutsch Die Philosophie Giambattista Vicos); Goethe (1919; deutsch); Poesia e non poesia. Note sulla letteratura europea del secolo decimonono (1923; deutsch Poesie und Nichtpoesie. Bemerkungen über die europäische Literatur des 19. Jahrhunderts); Aesthetica in nuce (1928); La storia come pensiero e come azione (1938; deutsch Die Geschichte als Gedanke und als Tat).Ausgaben: Saggi filosofici, 14 Bände (1910-52); Scritti di storia letteraria e politica, 46 Bände (1911-54); Gesammelte philosophische Schriften in deutscher Übertragung, herausgegeben von H. Feist, 7 Bände (1927-30).E. Cione: Bibliografia Crociana (1956).K.-E. Lönne: B. C. als Kritiker seiner Zeit (1967);K. Acham: B. C. Die Grundprobleme des Historismus, in: Die Großen der Weltgesch., hg. v. K. Fassmann, Bd. 11 (Zürich 1978).2) Giovanni, italienischer Komponist, * Chioggia um 1557, ✝ Venedig 15. 5. 1609, nach seinem Geburtsort auch il Chiozzotto [-kiɔ'tsɔttɔ] genannt; Schüler von G. Zarlino, war Sänger an San Marco in Venedig und wurde 1603 Kapellmeister ebenda; mit seinen Madrigalen, Messen und Psalmen einer der führenden Meister der venezianischen Schule.
Universal-Lexikon. 2012.